Commitment to Scenario
Craig Drennen, Gregory Eltringham, Rashawn Griffin, Line Hoven, Josef Schulz
kuratiert von Erin Dziedzic


19. September bis 31. Oktober 2015
Vernissage zur Berlin Art Week:
Freitag, den 18. September ab 18 Uhr
Sonderöffnungszeiten Art Week:
Samstag und Sonntag 11 bis 18 Uhr


Der Reiz gegenständlicher Bildsprache bleibt ein faszinierendes Unterfangen, das sicherlich im Verlauf der früheren Geschichte immer wieder als bildlicher Ausdruck der Wahrheit betrachtet wurde. In seiner Beschreibung des Sich-Bekennens zum Szenario unterstreicht Jean Baudrillard die Wirkung der Darstellung an sich, wobei das Simulacrum die Wahrheit ist.
Die Künstler in der Ausstellung Commitment to Scenario bieten zugleich den notwendigen „Blick”, um den Betrachter zu einem echten Sich-Bekennen zu veranlassen, aber auch um eine Verbindung ihrer Bildsprache mit jener der Welt herzustellen, wobei die 'Szene' die eigentliche Repräsentation unserer Zeit in den Vordergrund stellt.


Seit 2008 durchforstet Craig Drennen (Atlanta, Georgia) Charaktere und Widersprüche in Shakespeares Timon of Athens. Die Tatsache, dass dieses Werk zu Shakespeares Zeiten niemals aufgeführt worden ist (in dieser Hinsicht als “gescheitert” betrachtet), und die Unbestimmtheit des historischen Hintergrunds des Stücks bieten Drennen den Raum, um sich zu entfalten und um die Sprache des berühmten Dramatikers neu zu artikulieren. In mühsamer Kleinarbeit gestaltet Drennen jede Figur mit individuellen zeitgenössischen Assoziationen – Warhols Dracula, Basketbällen für Männer und Frauen, Photos von bekannten Schauspielern – die sich in der Auffassung des Künstlers von Timon of Athens weiter entfalten.


Die von Gregory Eltringham (Savannah, Georgia) gemalten “dream houses” sind eine psychoanalytische Schilderung menschlicher Eigenschaften, die sich als Bilder hybrider Vorstadt-Architektur der 1950er Jahre manifestieren. Gehängt neben seinen Portraits von kostümierten Figuren scheinen die Häuser und Körper ein Narrativ zu vervollkommnen, ähnlich einer Film-Montage. Durch die Verwendung einer komplementären Farbpalette stellt Eltringham die Verbindung zwischen ihnen heraus, während die versteiften Formen der Gestalten und die verschwommenen Details seines malerischen Ansatzes den Spielraum von Unschärfe der Bildsprache ermöglichen und ein mysteriöses Plot-ähnliches Arrangement einnehmen.

Rashawn Griffins (Olathe, Kansas) mixed media Collagen signalisieren eine Übergangsperiode. Die früher eingesetzten dreieckigen Stoff-Banner – eine fiktive Stadt - die der Künstler für eine Ausstellung im Sinn hatte, stellen nun die wiederkehrenden Muster in den neuen Arbeiten dar. Das Werk Untitled (let it go) (2013) knüpft an die Form der Wimpel und Stoffbahnen von Untitled (man o’ man) (2013-15) an. Es entwickelt und vermittelt eine gemeinsame visuelle Sprache, die Griffin am Beispiel von Frankensteins Labor erklärt, wo ein neuer Körper aus unterschiedlichen Körperteilen zusammensetzt wird.


Die Auswahl der von Hand geritzten Zeichnungen in der Ausstellung stammen aus dem Comic-Buch Debüt von Line Hovens Liebe Schaut weg ('Love looks away'). Sie erzählen Teile der Geschichte dreier Generationen ihrer deutschen und amerikanischen Familie. Szenen, die uns von den Stationen ihrer Großeltern im Zweiten Weltkrieg bis zu der späteren Ablehnung ihrer Heirat durch ihre amerikanische Mutter und ihren deutschen Vater erzählen. Hoven dringt tief in die Erinnerungen der Vergangenheit hinein und versucht sie in den Seiten einer Geschichte, die ihre Perspektive reflektiert, zu versöhnen. Wissend, dass sie die Vergangenheit nicht wiederbeleben und in ihrer Wirklichkeit nachbilden kann, akzeptiert die Künstlerin die Begrenztheit der mündlichen und photographischen Geschichte und versucht ihren eigenen Pfad und ihr eigenes Narrativ als Teil einer komplexen Familie aufzurollen.


Auf seinen Reisen quer durch große Teile der USA fängt Josef Schulz (Düsseldorf) in seinen schwarz-weiss Photo- und Videoserien die entrechteten amerikanischen Industrielandschaften ein. Diese stillen Bilder verlassener Gebäudestrukturen von einst funktionstüchtigen kleinen amerikanischen Unternehmen verweisen auf Gesellschaften mit nachlassendem politischem Interesse, auf unsere entwickelten Gesellschaften mit nachlassendem sozialem Interesse.”i Josef Schulz hat sich der Ästhetik verlassener Strukturen verpflichtet. Unter Beibehaltung der Referenzen auf bedeutende historische Augenblicke in Europa und den USA gibt er ihnen durch digitale Manipulation eine Präsenz in unserem gegenwärtigen Zeitraum. Die Bilder Josef Schulz' in der Ausstellung sind wohl als Monumente, eine Hommage an unsere vor-technologische Ära, zu verstehen.


Die Ausstellung wurde von Erin Dziedzic kuratiert. Dziedzic ist Kuratorin und Leiterin der Erwachsenen-Programme des Kemper Museum of Contemporary Art in Kansas City, Missouri. Kürzlich hat sie die erste Übersicht der Werke des New Yorker Malers Adam Cvijanovic in American Montage (2015) kuratiert. Dziedzic ist Gründerin und Herausgeberin des Artcore Journal (www.artcorejournal.net), eines halbjährig erscheinenden Journals zur zeitgenössischen Kunst (gegründet 2011).



i Jean Baudrillard, America, trans. Chris Turner (London, New York: Verso), 1988, 112-113.